Veranstaltung: | 51. Bundesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 5.1. Leitantrag |
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 02.05.2025) |
Status: | Angenommen |
Antragshistorie: | Version 21 |
A4: Zukunft mit links – Schluss mit der schwarz-roten Nullrunde für Studis!
Antragstext
Die neue schwarz-rote Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD steht für einen Kurs
der sozialen und politischen Rückschritte – und damit gegen die Interessen der
jungen Generation. Unter dem Deckmantel von „Verantwortung“ und Stabilität
bereitet dieses Bündnis einen sozialen Kahlschlag vor, der auch Studierende
trifft. Die anvisierten Vorhaben der Koalition um Merz gefährden akut
studentische Lebensrealitäten, Bildungsinvestitionen, soziale Infrastruktur und
konsequenten Klimaschutz.
Strukturelle Unterfinanzierung von Hochschulen
Hochschulen werden strukturell unterfinanziert, was sich in der Einstampfung von
Studiengängen, mangelhafter Ausstattung, prekären Arbeitsbedingungen
insbesondere auf Ebene der wissenschaftlichen Mitarbeitenden und studentischen
Hilfskräften sowie vielem mehr niederschlägt. Diese Politik ignoriert die
Realität junger Menschen und verstärkt das Gefühl politischer Entfremdung.
Insbesondere die rechten Kürzungspläne in den Landeshaushalten – aktuell
besonders in Brandenburg und Sachsen – öffnen rechtsextremen Kräften Tür und
Tor, um gezielt Einfluss auf Wissenschaftsfreiheit und Bildungszugang zu nehmen
und die offene, freie Hochschullandschaft nachhaltig zu gefährden.
Campusgrün stellt sich dieser Politik entschlossen entgegen. Eine Zukunft gibt
es nur mit uns, mit Investitionen in Bildung, soziale Gerechtigkeit und
Klimaschutz – nicht mit dem Rotstift von Union und SPD. Statt Sparpolitik
braucht es eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung sowie faire
Arbeitsbedingungen an Hochschulen und einen entschlossenen Kampf gegen prekäre
Beschäftigung. Zudem müssen die Studierendenwerke auf Landesebene angemessen
ausfinanziert werden, um eine bedarfsgerechte Unterstützung für Studierende
gewährleisten zu können.
Wir plädieren für eine stabile demokratische Finanzierung der Hochschulen,
insbesondere durch Bundesmittel, um rechtsextreme Einflussnahme mittelbar durch
Landesparlamente an Hochschulen zu verhindern.
Studieren am Limit - Zeit für echte Entlastung
statt leerer Versprechen
Studierende befinden sich in einer prekären Lage. Wohnraum in
Universitätsstädten ist knapp und teuer, psychische Belastungen nehmen drastisch
zu und die soziale Ungleichheit im Studium verschärft sich. Doch statt
entschlossen entgegenzusteuern, verschärft Schwarz-Rot den unsolidarischen
Status Quo nochmals und riskiert so das Wohlergehen einer ganzen Generation
Studierender. Ein „Bau-Turbo“ für Wohnheime und Unigebäude ist jetzt durch das
Sondervermögen Infrastruktur möglich - es muss nur umgesetzt werden. Mit Blick
auf die Prioritäten der Koalition um Merz, die gerade nicht den sozialen
Wohnungsbau und den Bildungsinfrastruktur in den Vordergrund stellt, gehen wir
Studierende vermutlich wieder leer aus.
Die im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen im Bereich der BAföG-Reform
sind zwar ein erster Schritt, greifen aber viel zu kurz und stehen unter
Finanzierungsvorbehalt – de facto ein wertloses Versprechen. Die Summe der zum
Wintersemester 2026/27 einmalig angekündigten Erhöhung der Wohnkostenpauschale
liegt weiter unter der durchschnittlichen Miete für ein WG-Zimmer in den
größeren Universitätsstädten – ein Tröpfchen auf den heißen Stein!
Die Erhöhung ist zu niedrig, nicht angepasst an die tatsächlichen Wohnkosten und
kommt deutlich zu spät. Sie lässt eine ganze Generation an Studierenden im Regen
stehen und ist Ausdruck politischer Visionslosigkeit. Schwarz-Rot fordert "BAföG
statt Bürgergeld" und spielt so arm gegen ärmer aus – in der Realität
vernachlässigen sie beide Gruppen.
Besonders alarmierend ist die Ignoranz gegenüber der psychischen Gesundheit von
Studierenden. Studien zeigen seit Jahren einen drastischen Anstieg psychischer
Belastungen: Etwa jede:r fünfte Studierende kämpft mit Depressionen,
Angststörungen oder psychischem Druck. Notwendige Mittel für psychologische
Beratungsstellen, Präventionsangebote oder schlicht eine spürbare Entlastung
durch bessere Studienbedingungen fehlen.
Campusgrün fordert daher die sofortige Aktivierung des Sondervermögens
„Infrastruktur“ für einen echten „Bau-Turbo“, der gezielt in dauerhaft
gemeinnützigen und bezahlbaren Wohnraum für alle investiert. Die Konkurrenz
zwischen Studierenden und armutsbetroffenen Arbeiter*innen ist menschengemacht –
sie durch eine staatliche Wohnungsbauoffensive zu überwinden, muss Aufgabe einer
lösungsorientierten und progressiven Politik sein.
Campusgrün drängt auf eine grundlegende BAföG-Reform, die das BAföG endlich
elternunabhängig, bedarfsgerecht und krisenfest macht. Die Wohnkostenpauschale
muss sich an ortsüblichen Vergleichsmieten orientieren. Beides muss jährlich
dynamisch angepasst werden – dauerhaft und nicht als Einzelmaßnahmen.
Derzeit haben Studierende keinen Anspruch auf das Existenzminimum. Das führt
dazu, dass BAföG-beziehende Arbeiter*innenkinder das Studium im Zweifel
abbrechen müssen, weil ihr Einkommen zum Leben nicht reicht. Das
verfassungsmäßig garantierte Existenzminimum muss daher auch für Studierende
gelten.
Die im Koalitionsvertrag versprochene Bindung des BAföG-Satzes an das
Grundsicherungsniveau darf nur ein erster Schritt in eine tatsächlich
armutsfeste garantierte Ausbildungsförderung sein. Merz' Parole, wonach "BAföG
statt Bürgergeld" erhöht werden solle, verheißt nichts Gutes. Studierende müssen
sich daher mit Erwerbslosen solidarisieren und gemeinsam für die Verbesserung
der
Lebensverhältnisse kämpfen.
Ein Studienabschluss muss für alle Menschen jeglicher sozialen Herkunft offen
sein und darf nicht das Privileg der reichen Oberschicht sein.
Wir betonen die Notwendigkeit einer strukturell und dauerhaft finanzierten
psychologischen Beratungsstelle an Hochschulen inklusive des Ausbaus von
Präventionsprogrammen und niedrigschwelligen Angeboten. Diese Investitionen
dürfen aber nicht zulasten der Studierenden in Form einer Erhöhung der
Semesterbeiträge führen - vielmehr sind hier Bund und Länder in der Pflicht,
entsprechende Vorhaben über besser ausgestattete Studierendenwerke zu fördern.
Gleichzeitig halten wir eine Entzerrung des Studienalltags durch bessere
Studienbedingungen beispielsweise durch mehr Flexibilität, weniger
Leistungsdruck, eine Entbürokratisierung des Prüfungswesens sowie unbegrenzte
Prüfungsversuche für notwendig.
Klimapolitischer Rückschritt
Minimalismus ist ein aufstrebender Trend - und wird im Koalitionsvertrag von
CDU/CSU und SPD beim Klimaschutz vollumfänglich gelebt.
Hochschulen tragen als Orte der Bildung, Forschung und Innovation eine besondere
Verantwortung im Kampf gegen die Klimakrise. Sie sind neben Wissensträgern und
Ausbildungsorten auch gesellschaftliche Vorbilder. Wenn sie die Klimaneutralität
anstreben, senden sie ein starkes gesellschaftliches Signal und fördern
nachhaltiges Denken bei allen Studierenden. Durch eigene Klimaschutzmaßnahmen
werden Hochschulen zu Reallaboren für praxisnahe Forschung und interdisziplinäre
Lösungsansätze – ein zentraler Beitrag zur technologischen und sozialen
Transformation. Die Transformationsprozesse auch an den Hochschulen erfordern
eine finanzielle Unterstützung, die weder in den Landeshaushalten noch den
Bundeshaushalten ausreichend abgebildet ist.
Auch in Koalitionen mit bündnisgrüner Beteiligung hat die Transformation der
Hochschulen hin zur Klimaneutralität nicht in genügendem Maße stattgefunden.
Deshalb braucht es neben dem Einsatz für eine breite gesellschaftliche Mehrheit
zu diesem Thema auch ausreichend Druck auf politische
Verantwortungsträger*innen.
Campusgrün fordert die Einführung eines bundesweiten Klimafonds für Hochschulen,
mit dem gezielt Investitionen in Energieeffizienz, Gebäudesanierung, nachhaltige
Mobilität und erneuerbare Energien gefördert werden. Die Mittel aus dem
Sondervermögen „Klima und Transformation“ müssen auch für Bildungsinstitutionen
geöffnet und langfristig abgesichert werden.
Campusgrün ruft die Hochschulleitungen auf, ihre Selbstverwaltungshoheit
strategisch für Klimaneutralität zu nutzen: durch eigene
Nachhaltigkeitsstrategien, Klimabeauftragte, CO₂-Bilanzen, transparente
Zielvorgaben sowie konkrete Maßnahmen auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen. Wir
werden dabei weiter Druck machen – in Senaten, Räten und Parlamenten, ASten und
weiteren Gremien.
Um Studierende sowohl im Hörsaal als auch am Campus für Klimaschutz zu
sensibilisieren, solidarisiert sich Campusgrün mit Students for Future und der
Public Climate School. Wir werden durch die Mitgliedsgruppen vor Ort dafür
kämpfen, dass unsere Hochschulen Vorreiter beim Klimaschutz werden.
Den Osten fest im Blick behalten
Ein besonderer Blick gilt Ostdeutschland. In keinem Teil des Landes sind die
Auswirkungen von sozialer Schieflage und politischem Vertrauensverlust so
spürbar wie hier. Jahre der ungleichen Ressourcenverteilung haben dazu geführt,
dass viele ostdeutsche Regionen strukturell benachteiligt sind – geringere
Löhne, weniger Studienplätze und Forschungsinstitute, Abwanderung junger Talente
und eine besorgniserregende Perspektivlosigkeit. Diese Probleme erfordern eine
Regierung, die entschlossen für gleichwertige Lebensverhältnisse eintritt - auf
Bundes- und Landesebene.
In Ostdeutschland wächst der Unmut. Die letzten Bundestagswahlen haben gezeigt,
dass der rechtsextreme politische Rand Zulauf bekommt. In der Altersgruppe der
Erstwähler:innen und Studierenden ist dieser Trend besonders deutlich: 18- bis
24-Jährige haben bei der Bundestagswahl 2025 verstärkt im Osten die AfD gewählt
– ein erschreckendes Zeichen dafür, dass die demokratischen Parteien das
Vertrauen der Jugend verspielen. Der sich langsam auch an Universitäten
etablierende Rechtsruck bereitet uns große Sorgen.. Neben Burschenschaften
gründen sich erste rechte Hochschulgruppen und versuchen, ihre Themen an der
Universität zu bespielen.
Campusgrün fordert endlich einen klaren politischen Fokus auf Ostdeutschland und
nicht zuletzt gute Bildung vor Ort. Dafür braucht es gezielte Bundesmittel für
den Hochschulbau und die Sanierung ostdeutscher Standorte, für
Forschungseinrichtungen in der Fläche sowie für Förderprogramme, die ostdeutsche
Perspektiven in Wissenschaft, Verwaltung und Politik sichtbar machen.
Ostdeutsche müssen in Ministerien, Bundesbehörden, Hochschulleitungen und auf
Professuren angemessen vertreten sein. Und wir fordern: eine
unmissverständliche, gemeinsame Haltung aller demokratischen Parteien, aller
Hochschulgremien und aller Institutionen der Hochschule gegen jede Form von
Rechtsradikalismus und Menschenfeindlichkeit. Kein Hochschulstandort darf Opfer
von Sparmaßnahmen werden, besonders im Osten. Bibliotheken, Mensen und Institute
müssen erhalten und ausgebaut werden. Bildungseinrichtungen in Ostdeutschland
brauchen gezielte Förderung statt weiterer Kürzungen, um Abwanderung und
Perspektivlosigkeit zu stoppen.
Campusgrün solidarisiert sich ausdrücklich mit den Studierenden und jungen
Menschen in Ostdeutschland, die oft doppelt kämpfen müssen – gegen materielle
Benachteiligung und gegen rechte Stimmungsmache. An den Universitäten dürfen wir
kein Klima dulden, in dem rechtes Gedankengut salonfähig wird. Campusgrün wird
verstärkt Projekte politischer Bildung und Antidiskriminierung in Ostdeutschland
unterstützen, Bündnisse mit progressiven Initiativen vor Ort eingehen und
sicherstellen, dass der Kampf gegen Rechts im Osten sichtbar und hörbar bleibt
und die Interessen von marginalisierten Menschen tatsächlich repräsentiert
werden. Alle Mitgliedsgruppen des Campusgrün-Bundesverbands stehen voll hinter
den ostdeutschen Hochschulgruppen. Wir unterstützen sie als Bundesverband
finanziell, solidarisieren uns inhaltlich mit den ostdeutschen Mitgliedsgruppen
und führen gemeinsame politische Kampagnen durch, um die ökonomischen und
gesellschaftlichen Herausforderungen vor Ort zu bekämpfen und demokratische
Werte zu stärken.
Campusgrün als progressive Kraft in der Zukunft
In dieser schwierigen Lage kommt Campusgrün eine entscheidende Rolle zu. Wir
verstehen uns als progressive Stimme im Hochschulbereich – und diese Stimme
werden wir weiterhin in Zusammenarbeit mit anderen linken Gruppen laut erheben.
Während die Bündnisgrünen auf Bundeseben in der parlamentarischen Opposition
sind, sind wir vor Ort oft die stärkste Kraft in den Studierendenparlamenten und
stellen die ASten, Senator:innen und viele weitere Positionen. Campusgrün wird
die Hochschulen im ganzen Land mobilisieren: Wir werden Protestaktionen gegen
Bildungs- und Sozialkürzungen anstoßen, studentische Vollversammlungen und
Bündnisse organisieren und Druck auf Hochschulleitungen ausüben, sich klar gegen
den Sparkurs aus Berlin zu positionieren. Wenn Bibliotheksetats gekürzt oder
Mensapreise erhöht werden, werden wir das nicht still hinnehmen, sondern
öffentlich politisieren.
Campusgrün ist die Stimme grün-alternativer Hochschulgruppen auf Bundesebene und
wird innerhalb der grünen Familie konsequent soziale Gerechtigkeit und
Solidarität einfordern – im engen Austausch mit Grüner Jugend, Bündnis 90/Die
Grünen, dem freien Zusammenschluss von Student*innenschaften und
zivilgesellschaftlichen Akteur:innen. Als progressiver Impulsgeber gegenüber der
Grünen Partei werden wir klare Forderungen stellen: Die grüne Opposition muss
die Anliegen der Studierenden aufgreifen – von der BAföG-Reform über bezahlbares
Wohnen bis zur psychischen Gesundheit. Campusgrün wird entsprechende Anträge und
Initiativen einbringen, sei es auf Parteitagen oder in Gesprächen mit Grünen-
Abgeordneten. Unsere Botschaft: Die Bündnisgrüne Partei darf die junge
Generation nicht enttäuschen, sie muss uns aktiv vertreten!
Campusgrün fordert von Bündnis 90/Die Grünen eine starke, progressive
Oppositionsarbeit im Bundestag mit anderen linken Kräften – mit klarer Haltung
für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Bildung. Gerade aus
Hochschulperspektive ist entscheidend, dass Kürzungen im Bildungsbereich
konsequent kritisiert und mutige Alternativen wie eine echte BAföG-Reform
eingebracht werden. Wir erwarten, dass sich die Bündnisgrünen sichtbar an
Protesten beteiligen und eindeutig Stellung beziehen – für Studierende, für den
Osten, für eine lebenswerte Zukunft. Als Campusgrün begleiten wir diesen Kurs
konstruktiv-kritisch, unterstützend, wo er überzeugt – und deutlich, wo er zu
zaghaft bleibt.
Begründung
erfolgt mündlich